Renditekiller Frau? Diese Schlagzeile fand ich in einem Wirtschafts-Newsletter. Das Bild zum Text: eine heulende Blondine. Der Inhalt: eine Insead-Studie, die feststellt, dass Aktienkurse sinken, sobald eine Frau in den Verwaltungsrat berufen wird. Wie bitte? Sie hat im Unternehmen noch rein gar nichts bewirken können, und schon wird sie schuldig gesprochen für sinkende Kurse. Nur weil sie gewählt wurde. Ja, Weiber in Verwaltungsräten, das ist überflüssiges Teufelszeug. Das belegt diese Studie, oder?

Aktienpreise gelten als Frühindikatoren. Nüchterne Algorithmen, professionelle Analysten, Investoren und Händler beeinflussen Aktienkurse mit ihren Erfolgserwartungen. Sie trauen den Frauen offenbar weniger zu als den männlichen Vorgängern und lassen ihre Geringschätzung sofort in die Aktienkurse einfliessen. Nun möge man einwenden, sie täten das qualifiziert, also mit dem Erfahrungswissen, dass Frauen im Verwaltungsrat tatsächlich Schaden in der Firma anrichten. Die selbe Studie stellt jedoch fest: nur die Aktienkurse sinken. Die operative Performance bleibt stabil. Andere Studien belegen gar, dass, wenn mehr als eine Frau in die Firmenführung integriert wurde, die Performance im Branchenvergleich überdurchschnittlich ist. Ich ziehe daraus drei Schlüsse.

  1. Der Einfluss einzelner Verwaltungsräte auf die Firmenperformance wird in der Finanzwirtschaft überschätzt.

  2. Die Finanzwirtschaft neigt zu Fehleinschätzungen, wenn Frauen auf die Teppichetage kommen.

  3. Die Finanzwirtschaft ist weniger rational und logisch, als wir glauben möchten.

Daher finde ich die Wahrnehmung und den Automatismus stossend, mit denen die Frauen an den Pranger gestellt werden für ein schädliches Phänomen, für das die Finanzwirtschaft die Verantwortung trägt: unreflektierte Stereotypen, die zu sachlich ungerechtfertigten Marktverzerrungen führen.

Eine sichere Anlagestrategie

Und nun zur guten Nachricht. Es gibt eine sichere Anlagestrategie: Kaufen Sie Aktien von Firmen, welche die erste Frau in ihren Verwaltungsrat gewählt haben und deren Kurse danach gesunken sind. Die Aktie ist gemäss den Erkenntnissen aus dieser Studie unterbewertet.

Kolumne von Esther-Mirjam de Boer, CEO von GetDiversity in der Handelszeitung vom 12. Dezember 2019.

wer’s noch etwas genauer wissen will: